FIOM ist Mitglied im Dachverband CGIL, der Ende März eine Demonstration gegen die Regierung Berlusconi mit über zwei Millionen Teilnehmern organisierte und derzeit einen Generalstreik gegen den geplanten Abbau des Kündigungsschutzes vorbereitet
F: Warum ist die FIOM im vergangenen Frühjahr dem Genoa Social Forum beigetreten?
Wir teilen die zentrale Auffassung des Forums, dass weltweit für Demokratie gekämpft werden muss. Wir haben die Anmaßung der G8 in Frage gestellt, als die reichsten und mächtigsten Länder der Welt über das Schicksal, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bevölkerungen zu entscheiden. Dieses Problem hat die Metallarbeiter stark beschäftigt; das war nicht nur eine politische Entscheidung der Gewerkschaftsführung. Deswegen haben sich letztes Jahr im Juli 6000 bis 7000 Metallarbeiter an der Demonstration in Genua beteiligt. Sie stehen im Kampf um neue Tarifverträge und um soziale Rechte und verstehen sehr gut, dass es einen Zusammenhang zwischen diesem Kampf und dem allgemeineren Kampf um demokratische Rechte weltweit gibt. Ihr Recht auf einen kollektiven Tarifvertrag wird derzeit in Frage gestellt, und sie merken, dass das ein Teil der Politik der Globalisierung ist. Die großen Unternehmen sind immer mehr in der Lage, Bedingungen zu diktieren: Fabrikschließungen, Produktionsverlagerungen usw. - das nennen sie dann die Gesetze des freien Marktes. Dem fallen immer mehr Rechte der Arbeiter zum Opfer.
F: Was erwarten Sie als Gewerkschaft von einer Bewegung, die nicht die soziale Kraft einer Gewerkschaft hat?
Sicher hat diese Bewegung nicht die organisierte soziale Kraft einer Gewerkschaft. Sie ist auch viel heterogener. Aber sie hat eine große Stärke. Das ist die Kraft einer neuen Generation, weil sie sich mehrheitlich aus jungen Leuten zusammensetzt, die in einer Zeit Widerstand leisten, in der das Kapital scheinbar machen kann, was es will, und die die Auswirkungen dieses globalisierten Kapitalismus rundum ablehnen. Wir erwarten, dass wir etwas beitragen, aber auch etwas lernen können. Die Gewerkschaft ist in der Lage, bestimmte Grundwerte zu vermitteln, die ein Ergebnis von Jahrzehnten des gewerkschaftlichen Kampfs sind. Die Gewerkschaft muss aber auch zuhören können, jedenfalls sehen wir das in der FIOM so.
F: Was können Sie lernen?
Zum einen, dass jeder Kampf um Rechte und Gerechtigkeit heute ein Kampf für gesellschaftliche Veränderung ist, der in einem breiteren Kontext geführt werden muss, wirklich global. Das haben die jungen Leute sehr gut verstanden. Ich glaube, wir können auch einiges an Analyse über die heutige Situation in der Welt lernen. In der Bewegung wird darüber viel nachgedacht, über die Rolle der Multis z.B. Wir können eine Vorstellung über eine mögliche Veränderung der Gesellschaft und der Welt lernen, ausgehend von den Orten, an denen wir wirken. Wenn die Gewerkschaften sich nicht in die Lage versetzen, einen wirklichen Kampf für die Verteidigung und den Ausbau ihrer Errungenschaften zu führen, können sie nicht erwarten, etwas auf globaler Ebene zu erreichen. Das fängt bei den Rechten der Arbeiter an, wie sie die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation definieren. Das sind minimale Rechte, aber immerhin: das Recht auf kollektive Tarifverträge, auf gewerkschaftliche Organisierung, das Verbot der Zwangsarbeit und der Kinderarbeit. Heute gibt es in vielen Ländern nicht einmal diese minimalen Rechte. Wir sehen, dass das Infragestellen dieser Rechte mit der Globalisierung zu tun hat, und wir sehen, dass der Kampf dagegen in einem globalen Rahmen geführt werden muss, nicht nur von den betroffenen Arbeitern. Es gibt auch Länder, in denen die Gewerkschaften schon offener sind. Darüber haben die Brasilianer und Argentinier in Porto Alegre berichtet. Sie sind nicht mehr nur an die betriebliche Realität gebunden, weil sich die sozialen Strukturen verändert haben.