Degenerierung und gewerkschaftliche Bürokratie
Eines der wichtigsten subjektiven Ursachen manifestiert sich in den degenerierten Kastenbeziehungen, die sich in weiten Teilen der traditionellen Gewerkschaften festgesetzt haben. In manchen Teilen der traditionellen Gewerkschaften kann man kaum von einer innergewerkschaftlichen Demokratie sprechen. In solchen Gewerkschaften existieren keine Organe, die es zulassen, dass die Arbeiter an Entscheidungsprozessen mitwirken können. Gewerkschaftliche Politik und sämtliche wichtige Entscheidungen werden in zentralen Vorstandmechanismen, welche die Arbeiter im voraus schon ausschließen gefällt.
Gewerkschaftsbürokratie ist in der heutigen Situation nicht nur eine antidemokratische Haltung, sondern die Quelle der Degenerierung in der Gewerkschaftsbewegung geworden.
Die politische Meinung der Vorstände ist eine weitere subjektive Ursache der Krise. Das vorherrschende Verständnis, die Krise durch die Verteidigung der vorhandenen Errungenschaften und Konsenssuche mit dem Kapital lösen zu wollen, führt dazu, dass dieses Verständnis zu einem die Krise vertiefende Ursache wird.
Verlust der ideologischen Hegemonie
Eigentlich sind Degenerierung und bürokratische Gewerkschaftsführung die Ergebnisse einer noch tiefer liegenden subjektiven Ursache. Sie sind die Ergebnisse der Tatsache, dass der Sozialismus seine ideologische Hegemonie über der Arbeiterbewegung verloren hat. Die Niederlage des real existierenden Sozialismus und der nationalen Befreiungsbewegungen in der „Dritten Welt“ hat die Arbeiterbewegung gegen die ideologisch politischen Angriffe schutzlos gelassen. Die ideologischen und politischen Umwälzungen innerhalb der Arbeiterbewegung führten zu dem Ergebnis, dass der Zusammenhang zwischen den alltäglichen und politischen Interessen der Arbeiterklasse aufgelöst wurde.
Das ideologisch politische Schlingeln hat die Gewerkschaftsbewegung politisch Führerlos gemacht. Und dies hat dazu geführt, dass die Ziele und Kurs der Gewerkschaftsbewegung Unklar wurde und die gewerkschaftliche Betätigung sich nur in der „Interessenvertretung der vorhandenen Mitglieder“ begrenzte. Dieser Prozess führte letztendlich dazu, dass die Mitarbeiter der Gewerkschaften ihr Glauben an das Klassenbewusstsein verloren haben.
Diese subjektiven Ursachen der Gewerkschaftskrise sind wichtig, dennoch reichen sie nicht auch, um das Problem zu lösen. Denn die objektiven Ursachen der Krise verhindern auch bei nicht Vorhanden sein der subjektiven Ursachen die Stärkung der Gewerkschaftsbewegung. Anders gesagt, auch wenn die innergewerkschaftliche Demokratie funktioniert und die Gewerkschaftsführung eine unabhängige und kämpferische Haltung einnimmt, verlieren Gewerkschaften weiterhin an Kraft.
Daher ist es notwendig, den objektiven Ursachen der Krise Beachtung zu schenken. Erst wenn gegen die objektiven Ursachen ein Widerstand organisiert werden kann wird es möglich sein, die Gewerkschaftsbewegung au der Krise zu führen und eine neue Gewerkschaftsbewegung zu gründen.
Die traditionellen Organisationsformen und Gewerkschaftsaktivitäten kann gegen die, durch Angriffsstrategien des Kapitals entstandenen Veränderungen innerhalb der Arbeiterklasse keine Antworten geben. Kurzum, die Krise der Gewerkschaften kann als „Unfähigkeit der Führungs-, Kampf- und Organisationsformen der vorhandenen Gewerkschaften den, die Arbeiterklasse beeinflussenden Veränderungen eine Antwort zu geben“ bezeichnet werden. Die traditionellen Gewerkschaften sind nicht in der Lage, die Ergebnisse der Veränderungen zu bekämpfen.