Türkische Rechtsradikale:

Union der Türkisch – Islamischen Vereine (ATIB)

Im Gegensatz zu Türk Föderation stellt sich die ATIB als eine gemäßigte islamische Organisation dar. Mit einer sehr moderat und tolerant erscheinenden Vorgehensweise hat der ATIB Vorsitzende und ehemaliger Graue Wölfe – Führer Musa Serdar Çelebi es geschafft, seine Organisation auf verschiedenen Ebenen zu etablieren. Der Bruch mit der Türk Föderation und dessen Führer Türkeş dient als wichtigste Argumentation für den Rehabilitierungsversuch Çelebis. Diese Versuche, Çelebi und seine Organisation als Vertreter einer gemäßigten islamischen Weltanschauung darzustellen, kann bei der Durchsicht ihrer in türkischer Sprache verfaßten Broschüren als Täuschung enttarnt werden.

Die ATIB wurde am 17. Oktober 1987 gegründet. Nach eigenen Angaben verfügt die ATIB derzeit über 122 Mitgliedsvereine mit insgesamt 11.000 Mitgliedern . Anders als die Türk Föderation erkennt die ATIB die Realität der Immigration und bezeichnet sich als eine »Immigrantenorganisation«. Auf ihren Kongressen wird die Losung »Kein Ausländer, sondern Immigrant – Keine Zuschauer, sondern Wähler« benutzt. In diesem Zusammenhang stellt sich die ATIB den Anspruch, eine Dachorganisation zu sein »die das edle Ziel hat, die nationale Identität der Türken in Europa zu wahren und zu fördern« .

Die ATIB ist eine straffe, zentralistische Organisation, die über verschiedene Unterorganisationen verfügt. So besteht eine Studentenkommission (AYÖK), eine sogenannte Akademikervereinigung (Inter Akademi / Koordinations- und Informationszentrum für internationale akademische Aktivitäten) sowie Frauen- und Jugendabteilungen. Seit 1996 verfügt die ATIB über eine »Europäische Kultur- und Erziehungsstiftung« genannt AKEV (Avrupa Kültür ve Eğitim Vakfı). Diese Stiftung bietet über sogenannte »AKEV – Bildungszentren« verschiedene Kurse wie Nachhilfeunterricht, Sprachkurse, Hausarbeitkurse für Frauen und Mädchen, Korankurse, mehrtägige »Bildungsseminare« sowie Konferenzen und »Bildungs- und Kulturreisen« an. Dem Verband sind auch Sportvereine angeschlossen. Jedes Jahr werden zentrale Fußball- und Voleyballturniere veranstaltet.

Die ATIB gibt zahlreiche Publikationen heraus. Bücher, Video- und Musikkassetten sowie ATIB – Publikationen werden über die örtlichen Vereine vertrieben. Die ATIB veröffentlicht ein monatliches Jugendzeitschrift mit dem Namen »Genç Arkadaş« (Junger Freund) und eine deutschsprachige Zeitschrift unter dem Titel »Dialog«.

Die Motivation für ihre Aktivitäten bezeichnet die ATIB in ihrer Selbstdarstellung wie folgt:

»Einer der Hauptzwecke der ATIB ist die Tätigkeit für den Erhalt und Förderung der erhabenen national – islamischen Existenz. Damit unsere muslimisch – türkische Identität erhalten bleibt und an zukünftige Generationen weitergegeben wird, erachtet die ATIB den Aufbau sozialer und wirtschaftlicher Strukturen in diesen Ländern (in Europa – Anm. d. V.) als notwendig«.

Daher werden sämtliche Integrationsmaßnahmen als »Assimilationsversuche der Deutschen« abgelehnt. Damit »Türken ihren Bund mit ihrer edlen Heimat nicht verlieren«, müsse die doppelte Staatsangehörigkeit eingeführt, Islam als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt und »türkischen Organisationen das Recht auf die Eröffnung von Schulen und Kindergärten erteilt« werden. Dementsprechend betrachtet die ATIB die Türkei weiterhin als »Vaterland«.

»Wie klar es auch immer ist, daß wir hier bleiben werden, so bleibt doch die Türkei unser Vaterland. Daß wir die Türkei vertreten und die Türkei bei Themen, bei denen sie im Recht ist, verteidigen, ergibt sich ganz natürlicherweise« so Fikret Ekin, ATIB – Generalsekretär in seinem Fax an das Zentrum für Türkeistudien .

Es erfordert keine Anstrengung, um das wahre Gesicht und die Absichten hinter der Maske der toleranten und moderat erscheinenden Aussagen zu sehen. Die Frage, wie glaubhaft es sein kann, wenn Personen wie Çelebi, die jahrelang neofaschistische Organisationen geleitet, chauvinistisch – nationalistische und rassistische Ideologien mit aller Macht verteidigt und steckbrieflich gesuchten Massenmördern Unterschlupf gewährt haben, heute behaupten »ich habe mich geändert«, ohne sich von ihrer unseligen Vergangenheit zu distanzieren, bedarf keine Antwort. Ein Satz aus dem ATIB – Programm sagt alles aus:

»Wenn man die Gründer und die Mitgliedsorganisationen sich anschaut, können wir mit Recht behaupten, daß die ATIB eine Mission vertritt, der seit über 25 Jahren im Dienste unserer Menschen in Europa ist« .

Es ist keine andere Mission als das, was die MHP und ihre Nebenorganisationen in Europa vertreten. Eine chauvinistisch – nationalistische und rassistische Ideologie, nur islamistisch geprägt. Obwohl die ATIB nicht als eine Nebenorganisation einer türkischen Partei bezeichnet werden kann, werden von ihr ständige Kontakte zu den ehemaligen MHP – Mitgliedern in der Mutterlandspartei (ANAP) gepflegt. Betrachtet man heute zwei Fotos von Agah Oktay Güner (ANAP) und Musa Serdar Çelebi, die sie jeweils gemeinsam 1977 und 1996 machen ließen, kann man nur einen Unterschied feststellen: ihre Bezeichnungen. Während Agâh Oktay Güner 1977 MHP Abgeordneter war, war Musa Serdar Çelebi Vorsitzender der Türk Föderation. 1996 war Güner Abgeordneter der ANAP und Çelebi Vorsitzender der ATIB. In den zwanzig Jahren änderten sich nur ihre Titel, nicht aber die Ideologien in ihren Köpfen.

Die »Idealisten« von früher wurden wahre »Geschäftsleute«. Denn hinter der ATIB steckt, wie bei anderen türkischen islamistischen bzw. rechtsradikalen Organisationen, eine gewaltige Geldvermehrungsmaschinerie. Mit Elternvereinen, Moscheevereinen, Verstorbenenüberführungsfirmen, Pilgerorganisationen, Sportvereinen, sogenannten Weiterbildungswerken wie die AKEV und türkischen Kulturzentren hat Çelebi sein eigenes Imperium in Europa aufbauen können. Die im Islam vorhandenen Spendenzwänge wie »Fitre« und »Zekat« werden von der ATIB rigoros genutzt. Mehrere Immobilien und Grundstücke der jeweiligen Vereine sind im Eigentum der Zentrale. So kann Çelebi über Millionen Beträge verfügen, deren Herkunft und Verwendung bei einer staatlichen Kontrolle vermutlich gerichtliche Schritte veranlassen würde.

Neben den fragwürdigen Geldgeschäften und suspekten Finanzaktionen, birgt die politische Arbeit der ATIB ein großes Gefahrenpotential für den inneren Frieden der Bundesrepublik. Çelebi erläutert in seinem Vorstandsbericht vor dem »9. ATIB Kongreß« am 9. Oktober 1996 in Köln, auf welchen Standbeinen die politische Arbeit der ATIB zu stehen hat:

»Für uns ist die wichtigste Frage, wie wir unsere Kinder als Menschen mit nationaler Identität erziehen können. Die Sprache und die Religion sind zwei Faktoren, welche die nationale Identität ausmachen. Diese beiden Faktoren sind die Parameter unserer nationalen Kultur. Der Kampf um die nationale Identität und nationale Kultur bedeuten ein Daseinskampf für unsere Kinder, die ihre Augen in einem christlichen Garten aufmachen. Hieraus wird verständlich, daß unsere Generationen in Europa ihre nationale Identität nur beibehalten können, wenn wir ihnen den Islam und die türkische Sprache beibringen können. Das ist der wichtigste Grund unseres Daseins in Europa. Daß wir dieses Ziel nur durch unsere eigenen Bildungsinstitutionen erreichen können, ist bekannt. Unser Ziel muß sein, so schnell wie möglich in Europa von Kindergärten bis zur Universität unsere eigenen Schulen zu gründen«.

Aus diesem Zitat ist ersichtlich, daß die ATIB, obwohl sie in ihrer deutschsprachigen Verlautbarungen von gleichen Rechten in der Einwanderungsgesellschaft spricht, langfristig die Idee einer nationalistisch – islamistisch geprägten Parallelgesellschaft verfolgt. Hinter ihrer Demagogie über die Gefahren »des Verlustes der sunnitisch – türkischen Nationalidentität« steht eine rechtsextremistische, offen antisemitische, nationalistische und rassistische Ideologie. Die ATIB ist nichts anderes als ein »Grauer Wolf« im Schafspelz und muß als solcher behandelt werden. Als solcher versucht die ATIB mit Hilfe verschiedener »Dachverbände« wie Zentralrat der Muslime in Deutschland oder Rat der Türkischen Staatsbürger sich eine Anerkennung zu verschaffen. Dabei geht sie mit islamistischen Organisationen wie die IGMG und VIKZ enge Kooperationen ein und stellt sich als eine »gemäßigte muslimische Immigrantenorganisation« dar.

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